Wenn Ostern so früh im Kalender liegt wie in diesem Jahr, wird man an den Feiertagen noch keine blühenden Schachblumen finden. Die erscheinen normalerweise erst im April. Trotzdem wollen wir schon jetzt die Aufmerksamkeit für das attraktive Liliengewächs schärfen und erzählen, was die Art mit Brettspielen, dem Kiebitz und dem Perlhuhn zu tun hat. Dass sie in Deutschland „besonders geschützt“ ist, hat nicht nur wissenschaftliche, sondern auch ästhetische Gründe.
Fritillus ist im Lateinischen das Wort für ein Brettspiel mit Würfeln. Genau betrachtet besteht das Muster der Perianthblätter bei der Schachblume (Fritillaria meleagris) nicht nur aus quadratischen Flächen, sondern auch aus unregelmäßig begrenzten Feldern. In Norddeutschland verglich man die noch geschlossenen Blüten mit Kiebitzeiern – sie ähneln den Vogeleiern in Form, Fleckung und Größe. Außerdem fand man sie im gleichen Lebensraum und zur gleichen Jahreszeit wie die Kiebitzgelege, nämlich in niedrigwüchsigen Feuchtwiesen um die Osterzeit.
Fachleute gehen davon aus, dass die Schachblume in Deutschland erst im 16. Jahrhundert eingeführt wurde. Der niederländische Gelehrte Carolus Clusius soll die aus Südosteuropa stammende Pflanze aus Wien erhalten, in seinem Garten vermehrt und ihre Samen oder Zwiebeln an Interessierte abgegeben haben. Als „Flos Meleagris“ – übersetzt „Perlhuhnblume“ – wurde sie bald darauf bekannt, ein Name, der später in den wissenschaftlichen Artnamen übernommen wurde. Vorbild waren hier nicht die Eier, sondern die weiß getupften Federn des Hühnervogels.
Den Höhepunkt ihrer Beliebtheit erreichte die Schachblume im Barock. Ihre nickenden Blüten galten als Sinnbild der Demut. Man kultivierte sie in den Gärten von Gutshöfen, Adelssitzen und herrschaftlichen Parks. Von dort konnte sich die Zierpflanze in die Umgebung ausbreiten. So verwischten sich die Grenzen des ursprünglichen Areals und heute ist nicht mehr rekonstruierbar, welche Vorkommen wann entstanden. In Deutschland gibt es zwei Häufungszentren, eines in Niedersachsen an Unterweser und Unterelbe, das andere in Süddeutschland im Einzugsgebiet des Mains. Daneben existieren verstreute Einzelvorkommen. Die meisten Populationen sind in den vergangenen Jahrzehnten allerdings geschrumpft, manche auch erloschen. Heute ist die Art in Deutschland selten. Der Grund: Sie verträgt weder Entwässerung noch stärkere Düngung. Auch bei zu früher Mahd, bei intensiver Beweidung oder vollständig fehlender Bewirtschaftung stehen Schachblumen auf der Verliererseite. Tragischerweise teilen sie dieses Schicksal mit ihren norddeutschen Namenspaten, den Kiebitzen.
Als neuzeitlicher Import gehört die Schachblume in Deutschland zu den Neophyten. In der Naturschutzpraxis ist es eher ungewöhnlich, dass diese Schutz und gezielte Förderung genießen, denn Neophyten werden oft nicht als Bereicherung der Flora, sondern als unerwünschte Störzeiger angesehen. Das Naturschutzrecht ist da weniger dogmatisch. Die Schachblume ist – wie auch mehrere andere besonders schöne Pflanzen mit Gartentradition – trotz ihres Neophyten-Status nach der Bundesartenschutzverordnung „besonders geschützt“. Aus diesem Grund wurden ihre Häufigkeit und ihre Bestandsentwicklung für die Rote Liste analysiert wie bei anderen Arten auch. Das Ergebnis: Die Schachblume ist in der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands als „gefährdet“ (Kategorie 3) aufgeführt.
Metzing, D.; Garve, E.; Matzke-Hajek, G.; Adler, J.; Bleeker, W.; Breunig, T.; Caspari, S.; Dunkel, F.G.; Fritsch, R.; Gottschlich, G.; Gregor, T.; Hand, R.; Hauck, M.; Korsch, H.; Meierott, L.; Meyer, N.; Renker, C.; Romahn, K.; Schulz, D.; Täuber, T.; Uhlemann, I.; Welk, E.; Van de Weyer, K.; Wörz, A.; Zahlheimer, W.; Zehm, A. & Zimmermann, F. (2018): Rote Liste und Gesamtartenliste der Farn- und Blütenpflanzen (Trachaeophyta) Deutschlands. – In: Metzing, D.; Hofbauer, N.; Ludwig, G. & Matzke-Hajek, G. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 7: Pflanzen. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (7): 13–358.
Die aktuellen Rote-Liste-Daten sind auch als Download verfügbar.