Mit insgesamt nur 8 etablierten Arten gehören die Ohrwürmer in Deutschland zu einer der artenärmsten Insektenordnungen. Eine dieser 8 Arten wurde durch den Menschen eingeschleppt und kommt nicht von Natur aus bei uns vor. Ihren Namen verdanken die Ohrwürmer ihrer Anwendung in der Antike als Medizin gegen Ohrenkrankheiten und Taubheit, dazu wurden sie getrocknet und zu Pulver verarbeitet.
Auch wenn Ohrwürmer umgangssprachlich häufig als Ohrenkneifer, Ohrkriecher oder Ohrenschliefer bezeichnet werden, sind sie in Wirklichkeit für den Menschen vollkommen ungefährlich. Ihre Zangen nutzen sie je nach Art lediglich zur Verteidigung, zum Ausbreiten der fallschirmartig zusammengefalteten Hinterflügel, bei der Paarung oder zur Jagd auf kleine Insekten.
Ohrwürmer bewohnen ein breites Spektrum von Lebensräumen und verbergen sich dort meist in Ritzen von Baumrinde und trockenem Holz, unter Steinen oder in kleinen Höhlungen am Boden. Sie ernähren sich omnivor, d.h. sie sind Allesfresser. Neben pflanzlicher Nahrung stehen beispielsweise auch Blattläuse und kleine Schmetterlingsraupen (z. B. die des Traubenwicklers) auf ihrem Speiseplan, sodass manche Ohrwurmarten willkommene Helfer im Garten- und Obstbau sind. Da Ohrwürmer überwiegend nacht- und dämmerungsaktiv sind, bekommt man sie nur selten zu Gesicht.
Zwei der insgesamt 7 bewerteten Ohrwurmarten sind aktuell bestandsgefährdet. Ausgestorben oder verschollen ist bislang keine Art in Deutschland, 3 Arten sind als ungefährdet eingestuft. Eine Art ist extrem selten und eine Art steht auf der Vorwarnliste.
Ursache für die Gefährdung einer speziell an Kiesbänke angepassten Ohrwurmart in Deutschland ist der Rückgang von Rohbodenstandorten in Flussauen und die Stilllegung von vergleichbaren Sekundärlebensräumen wie Kies- und Sandgruben, Tagebauen und Truppenübungsplätzen. Der Rückgang einer anderen Art ist durch das Aufgeben von Misthaufen in der Viehhaltung und die veränderten Kompostierverfahren in Hausgärten erklärbar.
(Stand Februar 2011)
Matzke, D. & Köhler, G. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Ohrwürmer (Dermaptera) Deutschlands. – In: Binot-Hafke, M.; Balzer, S.; Becker, N.; Gruttke, H.; Haupt, H.; Hofbauer, N.; Ludwig, G.; Matzke-Hajek, G. & Strauch, M. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 629–642.
Die aktuellen Rote-Liste-Daten sind auch als Download verfügbar.
Wissenschaftlicher Name | Deutscher Name | Rote-Liste-Kategorie |
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A | ||
Anechura bipunctata (Fabricius, 1781) | Zweipunkt-Ohrwurm | Vom Aussterben bedroht |
Apterygida media (Hagenbach, 1822) | Gebüsch-Ohrwurm | Ungefährdet |
C | ||
Chelidurella guentheri (Galvagni, 1994) | Waldohrwurm | Ungefährdet |
Chelidurella thaleri Harz, 1980 | Bergwaldohrwurm | Extrem selten |
E | ||
Euborellia annulipes (Lucas, 1847) | Südlicher Ohrwurm | Nicht bewertet |
F | ||
Forficula auricularia (Linnaeus, 1758) | Gemeiner Ohrwurm | Ungefährdet |
L | ||
Labia minor (Linnaeus, 1758) | Kleiner Ohrwurm | Vorwarnliste |
Labidura riparia (Pallas, 1773) | Sandohrwurm | Stark gefährdet |