Unterwegs an Steilhängen, zwingen Unwetter und Starkregen die Gruppe am letzten Exkursionstag zum Abbruch der Suche. Bis dahin: mehrere Rote-Liste Arten gefunden und Pläne für weitere Untersuchungen der rätselhaften Raupe.
Nachdem wir an den ersten beiden Exkursionstagen bestes Wetter bei Sonnenschein genießen konnten, warnt der Wetterbericht heute vor Unwetter und Starkregen. Da es am Morgen aber noch trocken ist, brechen wir im Anschluss an das Frühstück auf zum Spitznack, einem schönen Felsen mit toller Aussicht, rheinaufwärts der Loreley. Zugleich sind die Hänge an den Burgen Sterrenberg und Liebenstein so steil, dass sie bei nassen Bedingungen aufgrund der Rutschgefahr richtig gefährlich werden.
Unseren gestrigen Plan, den Raupenfundort wieder zu besuchen haben wir damit revidiert. Wir haben uns stattdessen für den Spitznack entschieden, da dieser nach Beratung in der Gruppe die wohl größten Chancen auf Erfolg verspricht.
Wir parken direkt neben der Loreley und begeben uns auf den Weg zum Spitznack. Dieser schlängelt sich entlang eines trockenen Bachbetts durch den Wald bergauf. Oben angekommen begrüßt uns eine blumenreiche Wiese mit sehr schönen Schmetterlingsarten wie dem Magerrasen-Perlmutterfalter (Boloria dia), dem laut Rote Liste gefährdeten Weißen Waldportier (Brintesia circe) oder dem Hufeisenklee-Widderchen (Zygaena transalpina), das auf der Vorwarnliste steht.
Der Schachbrettfalter (Melanargia galathea) ist hier in großer Anzahl zu finden. Egal wohin unser Blick fällt, fliegen die Falter. Mit jedem Schritt scheuchen wir weitere auf, welche sich aus dem Gras erheben und um uns herumflattern.
Auf der Suche nach dem Loreley-Dickkopffalter (Carcharodus lavatherae) klettern wir zum Teil durch die Felsen und Steilhänge rund um den Spitznack und untersuchen alle Ziest-Blütenstände, die wir finden können.
Doch leider bleiben unsere Bemühungen ohne Erfolg. Weder Falter noch Eier oder Raupen des Loreley-Dickkopffalters können wir entdecken.
Und dann naht sie auch schon, die angekündigte Gewitterfront. Wir machen uns also auf den Rückweg, um es noch trocken an die Autos und in die Weinstube für eine Nachbesprechung zu schaffen. In der Weinstube angekommen, lassen wir die Exkursion bei Weißwein und Mittagessen ausklingen und überlegen bereits, welche Nachsuche wir als nächstes in Angriff nehmen könnten.
Was ist nun das Ergebnis unserer Nachsuche? Leider konnten wir keinen sicheren Nachweis des Loreley-Dickkopffalters erbringen, doch es bleibt ja noch die Raupe! Diese können wir nicht mit Bestimmtheit als Loreley-Dickkopffalter bestimmen. Daher wollten wir diese weiter züchten, bis es uns möglich ist, die Raupe sicher zu bestimmen. Leider jedoch ist die Raupe eingegangen. Wir gehen davon aus, dass sie von einem Schädling getötet wurde. Eine Aufzucht der Raupe ist somit nicht mehr möglich.
Daher werden wir die Raupe mikroskopisch, falls möglich auch genetisch, untersuchen, um die Gewissheit zu erlangen: Ist er es, oder ist er es nicht?
Ein Beitrag von Jeremy Strätling.
Der Nachwuchs-Experte hat erst vor kurzem seinen ökologischen Bundesfreiwilligendienst beim Tagfalter- Monitoring des Helmholzentrum für Umweltforschung beendet. Aktuell ist er als ehrenamtlicher Zähler für das Projekt unterwegs und beteiligt sich an zahlreichen Exkursionen.
Exkursions-Blog mit den Erlebnissen und Ergebissen des jeweiligen Tages:
Der Ziest- bzw. Loreley-Dickkopffalter (Carcharodus lavatherae) ist in der Roten Liste der Tagfalter Deutschlands als „Vom Aussterben bedroht“ gelistet. Seit mehr als 30 Jahren wurde er in Deutschland nicht mehr gesehen.
Das Rote-Liste-Zentrum (RLZ) hat die Suchexkursion „Loreley-Dickkopffalter“ unterstützt. Im Zuge der vorbereitenden Arbeiten von aktuellen Roten Listen setzt das RLZ neben der Erfassung von verfügbaren Daten und Monitoring-Ergebnissen auf gezielte Nachsuchen. Diese zielgerichteten Kartierungen beziehen sich immer auf Einzelarten, die entsprechend der aktuell gültigen Roten Liste als ausgestorben, verschollen, vom Aussterben bedroht, extrem selten oder stark gefährdet gelten. Dabei untersuchen Experten und Expertinnen der jeweiligen Artengruppen an bekannten Standorten historischer Verbreitung oder in anderen potentiell für die Art geeigneten Lebensräumen, ob die Zielart dort noch vorkommt oder nicht. Diese Strategie hat sich als sehr effektiv erwiesen und dazu geführt, dass der Gefährdungsgrad dieser Arten genauer eingeschätzt werden kann und die Aussagekraft der jeweiligen Roten Liste weiter verbessert wird.
Oftmals ist das Ergebnis der Nachsuchen – wie hier mit großer Wahrscheinlichkeit beim Loreley-Dickkopffalter – negativ. Auch das ist ein wichtiges Resultat, zeigt es doch, dass ein effektiver Habitatschutz unverzichtbar ist, um dem Aussterben von weiteren Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in Deutschland entgegenzuwirken. Ein ausführlicher Bericht zu den Funden und Ergebnissen der aktuellen Nachsuche folgt.