Den Winterschlaf angetreten

„Die Erde ist aller Wesen Erhalterin, sowohl des Menschen, der sie bebaut, als des Hamsters, der sie durchwühlt“, sagte schon der Naturforscher Friedrich Gabriel Sulzer (1749–1830). Zu seiner Zeit  – und auch später – wurde der Feldhamster als „Kornratte“ verfolgt, denn er braucht rund zwei Kilo Vorräte, um über den Winter zu kommen. Heutzutage ist der Feldhamster laut Roter Liste „Vom Aussterben bedroht“ und damit eines der am stärksten gefährdeten Säugetiere Deutschlands.

Das sprichwörtliche „Hamstern“

Der hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktive Feldhamster (Cricetus cricetus) kann mehr als 30 Zentimeter groß und 500 Gramm schwer werden. Als Lebensraum bevorzugt er Gebiete mit Lösslehmböden, in denen er besonders gut graben und seine Baue anlegen kann. Senkrechte Fall- bzw. Fluchtröhren und mehrere schräg verlaufende Gänge sind typisch für diese bis zu zwei Meter tiefen Erdwohnungen.

Ohne Schutz- und Hilfsmaßnahmen steht zu befürchten, dass der Feldhamster in absehbarer Zeit in Deutschland aussterben wird. Foto: David/Stock.adobe.com

Ohne Schutz- und Hilfsmaßnahmen steht zu befürchten, dass der Feldhamster in absehbarer Zeit in Deutschland aussterben wird.

Foto: David/Stock.adobe.com

Nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf – je nach Region und Witterung zwischen Mitte März und Ende April – kümmert sich der Feldhamster zuerst um die Fortpflanzung. Feldhamster sind Einzelgänger, nur zur Paarung werden die Männchen im Territorium der Weibchen geduldet. Anschließend darf sich das Männchen wieder trollen. Schon etwa 20 Tage später kommen die Jungen zur Welt.

Die Nahrung besteht hauptsächlich aus grünen Pflanzenteilen und Samen, ergänzt durch Wirbellose und gelegentlich kleine Wirbeltiere. Nach der Fortpflanzungsperiode, welche bis in den August reichen kann, steht das „Hamstern“ an. Dabei kann er in seinen charakteristischen dehnbaren Backentaschen, welche bis zu den Schultern reichen, Portionen von bis zu 50 Gramm Nahrung in den Bau eintragen. Zum Überstehen des Winters benötigt ein Tier etwa zwei Kilogramm Vorräte. Sobald es diese Menge gesammelt hat, begibt es sich ab Oktober in den Winterschlaf.

In wenigen Jahrzehnten vom Schädling zum Sorgenkind

Lange Zeit wurde der Feldhamster als „Kornratte“ systematisch verfolgt, da er Schäden an Kulturpflanzen und Ernteverluste verursachen konnte. Jährlich millionenfach wurde sein kontrastreiches Fell zu Oberbekleidung verarbeitet. Seit den 1960er Jahren setzte ihm dann die immer effizientere Bewirtschaftung der Felder zu und seine Lebensbedingungen verschlechterten sich rasant. Wegen der verringerten Kulturpflanzenvielfalt, des Mangels an Ernteresten und des Fehlens jeglicher Deckung auf den großen, synchron abgeernteten Ackerflächen gingen die Bestände der Art immer stärker zurück. Inzwischen ist er in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern, in Nordrhein-Westfalen und im Saarland ausgestorben, für Schleswig-Holstein gibt es ohnehin keine verbürgten Nachweise.

Das Gesamtverbreitungsgebiet des Feldhamsters reicht von Belgien bis Kasachstan und zum russischen Strom Jenissei. Derzeit sind dramatische Rückgänge in zwei Dritteln der Länder seiner Verbreitung zu verzeichnen, die Fragmentierung der Vorkommen setzt sich weiter fort.

Da zudem die Reproduktionsrate des Feldhamsters rapide abnimmt, stufte die Weltnaturschutzorganisation IUCN im Jahr 2019 den Feldhamster im globalen Maßstab als „Critically Endangered“ (entspricht „Vom Aussterben bedroht“ der deutschen Roten Listen) ein. Damit ist jetzt auch Deutschland für die weltweite Erhaltung der Art in besonders hohem Maße verantwortlich.

Er darf nicht verschwinden

Die Intensivierung der Landwirtschaft und der Verlust des Lebensraumes sind auch in Deutschland die Hauptursachen für die Gefährdung des Feldhamsters. Die Fragmentierung der Populationen führt zusätzlich zu einer genetischen Verarmung. Als Ursachen für eine verringerte Reproduktionsrate werden außerdem der Klimawandel und die Lichtverschmutzung diskutiert.

Ohne Schutz- und Hilfsmaßnahmen steht zu befürchten, dass der Feldhamster in absehbarer Zeit in Deutschland aussterben wird. Damit würde sich ein Charaktertier der Bördelandschaften für immer „vom Acker machen“. Mehrere Bundesländer haben deshalb spezielle Schutz- bzw. Hilfsprogramme aufgelegt (siehe Quellen). Wiederansiedlungsprojekte gibt es in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Daneben wird in den Vorkommensgebieten eine extensivere Ackernutzung gefördert.

Rote-Liste-Bewertung

Der Feldhamster ist in der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands als „Vom Aussterben bedroht“ verzeichnet. Weitere Informationen und Rote-Liste-Angaben – inklusive Bestandssituation, kurz- und langfristiger Bestandstrend – enthält der Steckbrief aus der Rote-Liste-Artensuchmaschine.

Die bundesweiten Roten Listen dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten. Damit sind sie ein stets verfügbares Fachgutachten, ein Frühwarnsystem für die Entwicklung der biologischen Vielfalt und eine Argumentationshilfe für umweltrelevante Planungen. Rote Listen zeigen den vordringlichen Handlungsbedarf im Artenschutz auf. Die Roten Listen Deutschlands werden von Artexperten und Artexpertinnen weitestgehend ehrenamtlich erstellt. Das Rote-Liste-Zentrum ist vom Bundesamt für Naturschutz mit der Gesamtkoordination der Roten Listen und der fachlichen Begleitung betraut.

Quellen

Rote Liste

Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.

Feldhamster (Cricetus cricetus)

Rote-Liste-Kategorie: Vom Aussterben bedroht