In besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich (diese werden in den Kommentaren benannt, sofern dies nicht auf alle Vorkommen in Deutschland zutrifft)
Aktuelle Bestandssituation
mäßig häufig
Langfristiger Bestandstrend
starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
mäßige Abnahme
Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Gefährdet
Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Kategorie unverändert
Kommentar zur Verantwortlichkeit
Der Anteil Deutschlands am Gesamtareal der Art liegt deutlich unter 10 % (Glandt 2006). Die Vorkommen in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg sind jedoch hochgradig isolierte Vorposten (Laufer 2004, 2006). Ein genetischer Austausch mit anderen Populationen ist extrem unwahrscheinlich. Eine Verschleppung von Froschlaich oder Kaulquappen durch Wasservögel, zu der es nur Spekulationen, aber laut Schmidt (2013) und Fonte et al. (2019) keine Beobachtungen gibt, wird von den Autoren ausgeschlossen. Für die Erhaltung der isolierten Vorposten ist Deutschland in besonderem Maße verantwortlich.
Kommentar zur Gefährdung
Der Moorfrosch besiedelt ein sehr großes Areal von Nordostfrankreich bis zum Baikalsee (Glandt 2006). Als Charakterart der Tiefebenen und Auen fehlt er natürlicherweise in den Gebirgen und Mittelgebirgen. In Norddeutschland tritt er fast flächendeckend auf. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist die Verbreitung weit lückiger. In diesen Bundesländern ist der Moorfrosch außerdem durch erhebliche Bestandsverluste gekennzeichnet. Auch in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zeigt der Moorfrosch deutliche Rückgänge und ist hier in allen regionalen Roten Listen als „Vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Im Saarland gilt der Moorfrosch als „Ausgestorben oder verschollen“. Die Art wird im Anhang IV der FFH-Richtlinie geführt. Ihre Verbreitung in Deutschland ist gut bekannt. Die TK25-Q Rasterfrequenz (Zeitraum 2000 – 2018) beträgt 22,8 % und kann trotz der deutlichen Rückgänge im Bundesgebiet noch der Kriterienklasse „mäßig häufig“ zugeordnet werden. Der langfristige Bestandstrend wird als starker Rückgang eingestuft und lässt sich zum einen direkt mit der Zerstörung von Hoch- und Niedermooren (Günther & Nabrowsky 1996), zum anderen mit der Intensivierung der Landnutzung (Glandt 2006) in Verbindung bringen. Aufgrund fortschreitender Verluste im Süden und Westen Deutschlands und der allgemeinen Ausdünnung der Populationen muss beim kurzfristigen Bestandstrend von einer mäßigen Abnahme ausgegangen werden. Daraus folgt insgesamt die Rote-Liste-Kategorie „Gefährdet“. Die Bewertung des kurzfristigen Bestandstrends (mäßige Abnahme) in der vorliegenden Liste fußt auf einem verbesserten Kenntnisstand insbesondere aus dem FFH-Monitoring. Kühnel et al. (2009) schätzten den kurzfristigen Bestandstrend noch als starke Abnahme ein. Die Gefährdungseinstufung ändert sich dadurch jedoch nicht. Der anhaltende Rückgang der Art hat drei Hauptursachen: Verlust bzw. Verschlechterung typischer Lebensräume, insbesondere von Mooren, Auenlandschaften und Kleingewässern durch Entwässerung, Eutrophierung und intensive Landnutzung; die Art reagiert besonders empfindlich auf hydrologische Veränderungen im Laich- und Sommerhabitat – diese werden sich durch Klimaänderungen nach derzeit gültigen Prognosen gerade im Frühjahr noch verstärken (z. B. Mattern et al. 2019); zunehmende Fragmentierung der Lebensräum und Verinselung der Vorkommen durch intensive Landnutzung, Zersiedlung und Straßenverkehr. Die zu frühe oder zu häufige Mahd sowie der Einsatz von Kreisel- und Trommelmähwerken gelten noch immer als bedeutende Gefährdungsfaktoren. Auch in den letzten 10 bis 20 Jahren sind dadurch noch einzelne Populationen erloschen. Das Aufgeben großer Truppenübungsplätze wird als weitere Ursache für den Rückgang in Nordrhein-Westfalen angegeben. Grundsätzlich ist von einer hohen Sensibilität der Art gegenüber Agrochemikalien auszugehen. Dies betrifft sowohl mineralische Dünger (Schneeweiß & Schneeweiß 1997) als auch Pestizide (Brühl et al. 2013). In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz entwickelt sich der neozoische Kalikokrebs (Faxonius immunis) zu einem der Hauptgefährdungsfaktoren für die dort bereits sehr kleinen Populationen. Der invasive Krebs frisst die Entwicklungsstadien von Amphibien vom Laich bis zu den Larven und kann so für Reproduktionsausfälle sorgen (Martens 2016).
Weitere Kommentare
Die Art ist auf intakte Lebensräume angewiesen. Hierbei kommt den Söllen in den Jungmoränenlandschaften, den periodischen Flachgewässern im extensiv genutzten Grünland und vitalen Mooren eine besondere Bedeutung zu. Die aquatischen Lebensräume sind sowohl im Wald als auch im Offenland zu erhalten und bei Bedarf zu pflegen (Zurückdrängen der Sukzession, vor allem im Agrarland). Die Wasserhaltung in der Landschaft stellt gerade unter den Bedingungen des Klimawandels eine zentrale Herausforderung dar. Grundsätzlich kann der Art mit angepasster Landwirtschaft geholfen werden, beispielsweise sollte in den Randbereichen der Kleingewässer auf Düngung und Pestizideinsatz verzichtet werden. Bei der Mahd sollten Balkenmähwerke eingesetzt werden. Außerdem sind eine geringe Mahdfrequenz, eine möglichst späte Mosaik- oder Streifenmahd bei mäßiger Schnitttiefe (mindestens 10 cm über dem Boden belassen) sowie die Erhaltung von Saumstrukturen entscheidend für den Schutz von Moorfrosch-Vorkommen. Der großflächige Schutz und die Vernetzung der Vorkommen sind überregional von Bedeutung. Gepflegte und funktionstüchtige Amphibienschutzanlagen an Straßen reduzieren Tierverluste und Isolationseffekte. In verschiedenen Landschaften Deutschlands sind Renaturierungsprojekte erfolgreich umgesetzt worden (z. B. in Schleswig-Holstein). Mit ihrer Umsetzung lässt sich der Zustand der Habitate erheblich verbessern, sofern z. B. flache und temporär überflutete Feuchtwiesen geschaffen und ehemalige Bruchwälder und Moore revitalisiert werden. Entsprechend der Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG der Europäischen Union) soll außerdem der naturnahe Zustand der Fließgewässer wiederhergestellt werden.
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle
Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Amphibien (Amphibia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (4): 86 S.
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