Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Aktuelle Verschlechterung der Einstufung
Kommentar zur Taxonomie
Der Grünkröten-(Bufotes viridis)Komplex erfuhr eine taxonomische Revision. Nach Stöck et al. (2006), Stöck et al. (2009) und Dufresnes et al. (2019) ist die Wechselkröte (Bufotes viridis) über weite Teile Mittel- und Osteuropas verbreitet, wobei die westliche Arealgrenze durch Schleswig-Holstein, Niedersachsen, das Rheinland, das Saarland, Nordost-Lothringen sowie den Oberrheingraben verläuft. Östlich reicht das Areal bis nach Kasachstan, südlich über Nordostitalien bis nach Kreta. In Nordostdeutschland treffen zwei getrennte evolutionäre Wechselkröten-Linien, deren mitochondriale DNA sich unterscheidet, aufeinander: B. viridis und B. variabilis. Stöck et al. (2009) diskutierten deren Status. In der vorliegenden Roten Liste werden alle deutschen Wechselkröten weiterhin unter dem Namen B. viridis behandelt. In der letzten Roten Liste von Kühnel et al. (2009) wurde die Art bei unverändertem taxonomischen Umfang als Bufo viridis Laurenti, 1768 bezeichnet.
Kommentar zur Gefährdung
In Deutschland besiedeln Wechselkröten das Flachund Hügelland, wobei selten eine Höhengrenze von 500 m ü. NHN überschritten wird (Günther & Podloucky 1996). Neben dem nahezu geschlossenen Verbreitungsschwerpunkt in den östlichen Bundesländern zeigt die Art eine ausgeprägte Disjunktion mit Vorkommensclustern im Mittel- und Niederrhein- sowie Neckar- und unteren Maingebiet, dem Saarland und Teilen von Bayern mit den Niederungen von Donau, Isar und Inn nebst Zuflüssen. Mit einer TK25-Q Rasterfrequenz von 10,71 % (Zeitraum 2000 – 2018) zählt sie aktuell zu den seltenen Amphibienarten Deutschlands. Die Bestandsentwicklung der Art ist äußerst kritisch. Der langfristige Bestandstrend zeigt einen starken Rückgang, der seit Jahrzehnten anhält und sich in einer massiven Ausdünnung der Rasterpräsenz, auch im ostdeutschen Kerngebiet, widerspiegelt. Ursächlich spielt der drastische Landnutzungswandel die größte Rolle, vor allem die Industrialisierung der Landwirtschaft mit den einhergehenden Strukturverlusten, veränderte Abbautechnologien bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe einschließlich der Braunkohle sowie – zumindest regional bedeutsam – die gänzliche Aufgabe traditioneller Sondernutzungen, welche für die Art lange Zeit wertvolle Habitate generierten, z. B. die großflächigen Rieselfelder im Berliner Umland und Schönungsteiche kleiner Zuckerfabriken in den Bördegebieten. Der in die Kriterienklasse „starke Abnahme“ eingestufte kurzfristige Bestandstrend wird – zusätzlich zu den oben genannten Faktoren – durch fortschreitende Urbanisierung, die großflächige Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten, Rekultivierungsaktivitäten an Abbaustellen sowie Fischbesatz in zahlreichen Laichgewässern verstärkt. Die Wechselkröte zählt damit zu den am stärksten rückläufigen und gefährdeten Amphibienarten Deutschlands mit verbreiteten lokalen oder regionalen Aussterbeprozessen. Verschärfend wirken sich direkte menschliche Eingriffe und die zunehmende Fragmentierung der Vorkommen aus. Insgesamt ergibt sich die Einstufung in die RoteListe-Kategorie „Stark gefährdet“. Damit sich die Gefährdungssituation der Art nicht verschärft, müssen Naturschutzmaßnahmen dringend fortgesetzt oder neu ergriffen werden. Auf diese Abhängigkeit wird durch das Zusatzmerkmal „Na“ hingewiesen. Gründe für die Hochstufung von „Gefährdet“ auf „Stark gefährdet“ liegen in der geänderten Bewertung der aktuellen Bestandssituation von der Kriterienklasse „mäßig häufig“ zu „selten“. Die Wechselkröte ist in Deutschland vor allem durch folgende Faktoren gefährdet: Anhaltende Lebensraumverluste in den Flussauen und anderen natürlichen Lebensräumen; Beseitigung und Entwertung von Kleingewässern, Nassstellen sowie anderen Strukturelementen in der Agrarlandschaft; Düngung und Einsatz von Pestiziden im Umfeld der Laichgewässer; Gefährdung in Abbaustellen durch geänderte Technologien sowie anschließende Verfüllung und Rekultivierung; sukzessionsbedingter Verlust von Laichgewässern und Rohböden im Landhabitat; Fischbesatz in Teichen; starke Rückgänge im Siedlungsbereich, vor allem durch Bauaktivitäten mit der Folge von Lebensraumverlusten im urbanen und suburbanen Raum.
Weitere Kommentare
Aufgrund der derzeitigen starken negativen Bestandsentwicklung müssen folgende Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden: Konzeption und Umsetzung von Artenschutzprogrammen und -projekten auf Länderebene, um weitere Lebensraumverluste und Arealregression abzuwenden sowie den Habitatverbund zu optimieren; schutzverträgliche Bewirtschaftung in der Agrarlandschaft, welche die entsprechenden Habitatstrukturen und eine Pufferung von Laichgewässern sichert; konsequente Anwendung der bestehenden Maßgaben der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft sowie der wasser-, boden- und naturschutzrechtlichen Regelungen; Förderung von Brachestreifen und die Etablierung von extensiven Weidesystemen; Sicherung bzw. Neuanlage und dauerhafte Pflege von Kleingewässern, v. a. auch die Vermeidung von Fischbesatz; Erhaltung von Rohboden- und Ruderalflächen in Landhabitaten, insbesondere im Bereich von Bodenabbauflächen und Bergbaufolgelandschaften (z. B. Braunkohle); Vergrößerung und Stabilisierung vorhandener Populationen durch gezielte Maßnahmen, insbesondere in Primärhabitaten wie den Flussauen.
Arealrand
Westlich
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle
Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Amphibien (Amphibia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (4): 86 S.
Um diese Website bestmöglich an Ihrem Bedarf auszurichten, nutzen wir Cookies und den Webanalysedienst Matomo, der uns zeigt, welche Seiten besonders oft besucht werden. Ihr Besuch wird von der Webanalyse derzeit nicht erfasst. Sie können uns aber helfen, indem Sie hier entscheiden, dass Ihr Besuch auf unseren Seiten anonymisiert mitgezählt werden darf. Die Webanalyse verbessert unsere Möglichkeiten, unseren Internetauftritt im Sinne unserer Nutzerinnen und Nutzer weiter zu optimieren. Es werden keine Daten an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.