Entspräche die Häufigkeit des Kuckucks dem Bekanntheitsgrad seines Rufes, müssten wir uns um die Art keine Sorgen machen. Doch seine Bestände sind seit etwa 25 Jahren rückläufig und frühere Kuckucksreviere verwaist. Immer weniger Tiere kehren ab Mitte April aus dem afrikanischen Winterquartier zurück.
Ein einziges Kuckucksweibchen kann in einer Saison bis zu 20 einzelne Eier in fremde Nester schmuggeln. Teichrohrsänger, Gartengrasmücke, Rotkehlchen und Bachstelze gehören bei uns zu den häufigeren Wirtsvogelarten, wobei es regional große Unterschiede gibt. Fast immer jubeln Kuckucksweibchen derjenigen Vogelart ihre Eier unter, bei der sie selbst groß geworden sind. Nur durch diese „Tradition“ lässt sich erklären, dass Kuckuckseier fast genauso aussehen wie die Eier der Wirtsvögel. Würde das Kuckucksweibchen seine Eier wahllos in fremde Nester legen, würden die Adoptiveltern sie aufgrund abweichender Farbe oder Fleckung viel öfter als fremd erkennen und die Brut aufgeben. Kuckuckseier gehören übrigens – gemessen am Körpergewicht der Altvögel – zu den kleinsten Eiern aller einheimischen Vogelarten. Auch das dient einem erfolgreichen Brutparasitismus.
Wirtsvögel, die einen Kuckuck in der Umgebung des eigenen Nests bemerken, reagieren aggressiv auf dessen Erscheinen. Neben der Ei-Mimikry verfügen Kuckucke deshalb über weitere erstaunliche Strategien, um bei ihrem Betrug unentdeckt zu bleiben: Zunächst spähen sie die Neststandorte und das Verhalten von Singvögeln vorsichtig und geduldig aus. Wenn die Gelegenheit günstig ist, können sie ihr eigenes Ei innerhalb weniger Sekunden in das Nest der Wirte legen. Da ein Kuckucksweibchen sein reifes Ei mehrere Tage zurückhalten kann, beginnt die Embryo-Entwicklung oft schon vor der Eiablage im Mutterleib. Die eigentliche Brutzeit ist dadurch etwas verkürzt und das Kuckuckskind schlüpft in der Regel vor seinen Stiefgeschwistern. Diesen Vorsprung nutzt der nackte und blinde Jungvogel, um die Eier der Wirtseltern aus dem Nest zu befördern. So kommt sämtliche Nahrung, die die Altvögel herbeischaffen, nur ihm zugute.
Nach der etwa dreiwöchigen Nestlingszeit lassen sich flügge Kuckucke noch bis zu drei weitere Wochen füttern. In dieser Phase fressen sie gierig alle Insekten, die ihre Stiefeltern herbeischaffen. Selbständige Kuckucke spezialisieren sich anschließend stärker auf Schmetterlingsraupen. Im Gegensatz zu anderen Vögeln fressen sie auch große behaarte Raupen, wie die der Bärenspinner.
Wenn die diesjährigen Kuckucke im Frühherbst nach Afrika aufbrechen, sind ihre leiblichen Eltern längst weg. Da diese nach der Eiablage keine elterlichen Pflichten mehr hatten, haben sie dem Sommerquartier meist schon Ende Juli den Rücken gekehrt und sind Richtung Süden geflogen. Den Weg ins Winterquartier finden die diesjährigen Jungkuckucke also instinktiv und ganz ohne die Begleitung der Altvögel.
Kuckucke sind keine reinen Waldbewohner wie das Kinderlied „Kuckuck, Kuckuck, ruft's aus dem Wald“ glauben machen könnte. Wo es ihn noch gibt, lebt er auch in Heiden, Auen, Röhrichten und anderen halboffenen Lebensräumen mit Baumgruppen und Gebüschen. Äußerlich ähnelt der knapp taubengroße Kuckuck einem Sperber, hat aber spitzere Flügel als der kleine Greifvogel. Sperberähnlich sind auch die gelben Augen und die quergebänderte Unterseite. Neben den typisch grauen Kuckucken gibt es solche mit braunem Gefieder, besonders unter den Weibchen ist diese Farbmorphe nicht selten.
Seit 1995 sind die Kuckuckspopulationen zwischen 20 % und 50 % rückläufig. Dies hat mehrere Ursachen: Zum einen haben Schmetterlingsraupen, die wichtigste Nahrung der Kuckucke, infolge der Intensivierung der Landwirtschaft deutlich abgenommen. Daneben wirkt sich der Verlust von Säumen, Hecken und Feldgehölzen negativ auf die Qualität der Habitate aus, sowohl in den Brutgebieten als auch auf den Zugwegen und im Winterquartier. Schließlich trägt auch die Abnahme der Wirtsvogelarten zu einem geringeren Fortpflanzungserfolg bei.
Bereits in der Roten Liste 2016 wird der Kuckuck (Cuculus canorus) in der „Vorwarnliste“ geführt, in der vor kurzem erschienenen, aktualisierten Roten Liste der Brutvögel Deutschlands aus dem Jahr 2020 wird er sogar als „Gefährdet“ eingestuft.
Die Roten Liste der Brutvögel Deutschlands wird traditionsgemäß nicht vom Bundesamt für Naturschutz bzw. vom Rote-Liste-Zentrum koordiniert, sondern vom „Nationalen Gremium Rote Liste Vögel“. Sie wurde in den „Berichten zum Vogelschutz“ 57 (2020) veröffentlicht, die Gefährdungseinstufung der Vogelarten ist auf der Website des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten zu finden.
Mit etwas zeitlichem Versatz wird die Publikation in der NaBiV-Reihe des BfN veröffentlicht und die Daten werden für die Artensuchmaschine und den Downloadbereich des Rote-Liste-Zentrums aufbereitet. Dies steht derzeit noch aus.