Im Rahmen des Projektes „Spurensuche Gartenschläfer“ haben Forschende das Erbgut des bedrohten Bilches untersucht. Danach unterscheiden sich die Tiere nördlich und südlich des Alpenhauptkammes – möglicherweise handelt es sich um zwei verschiedene Arten, die sich jedoch äußerlich zum Verwechseln ähnlich sehen. Dies gab die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung am 26.11.2024 bekannt.
Um gefährdete und vom Aussterben bedrohte Tierarten nachhaltig schützen zu können, bedarf es passgenauer Strategien im Naturschutzmanagement. Eine immer größere Rolle spielen dabei Informationen, die aus genomischen Daten gewonnen werden, denn aus dem Erbgut lassen sich historische Populationsgrößen rekonstruieren und aktuelle Bestandstrends sowie Hinweise auf die Anpassungsfähigkeit der Art ablesen. In einer neuen Studie stellen Wissenschaftler*innen des hessischen LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG), angesiedelt bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, und weiterer Institutionen nun ein hochauflösendes Referenzgenom für den bedrohten Gartenschläfer (Eliomys quercinus) vor. Die daraus abgeleiteten Informationen geben Aufschluss über seinen dramatischen Populationsrückgang und liefern wichtige Erkenntnisse für Erhaltungsstrategien in Europa.
Erstaunt sind die Wissenschaftler*innen über das Ausmaß der genetischen Unterschiede zwischen den Gartenschläfern nördlich und südlich des Alpenhauptkammes. „Mit unseren Ergebnissen können wir den Verdacht bisheriger Studien untermauern, dass wir es möglicherweise mit zwei unterschiedlichen Arten zu tun haben. Dies stellt bei den eigentlich sehr gut erforschten Säugetieren mitten in Europa eine kleine Sensation dar!“, betont die Erstautorin der Studie, Dr. Paige Byerly, Naturschutzgenetikerin am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt am Main, Standort Gelnhausen. Bis zur Klärung dieser Frage dient die im Projekt erfolgte genomische Abgrenzung genetisch klar getrennter Teilbestände als wichtige Grundlage für den Artenschutz.
Das Verbreitungsgebiet des Gartenschläfers hat sich in den vergangenen 30 Jahren fast halbiert. So sind etwa in Ostdeutschland nahezu alle Bestände ausgestorben. Auf der Roten Liste Deutschlands wird er daher als „stark gefährdet“ eingestuft. Außerdem ist der Gartenschläfer eine sogenannte „Verantwortungsart“: Da sich ein erheblicher Teil seines weltweiten Vorkommens in Deutschland befindet, hat sein Schutz eine besondere Priorität.
Um die Gründe für diesen erheblichen Rückgang ausfindig zu machen, läuft seit Ende 2018 im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“. Es wird vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung durchgeführt und vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert.
Weitere Informationen
Rote Liste der Säugetiere Deutschlands
Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.
Artportrait
Artportrait Gartenschläfer: Informationen zur Lebensweise des Gartenschläfers, Gefährdungsursachen, Schutzmaßnahmen