Der erste Naturforscher, der einen „Erdstern“ erwähnte, war vor mehr als 350 Jahren der Brite Christopher Merret (1614-1695). Welche Art er mit seiner Bezeichnung „Fungus stelliformis“ (fungus = Pilz, stella = Stern) meinte, ist allerdings unsicher. Weltweit gehören zur Gattung der Erdsterne etwa 60 Arten. In Deutschland kommen zwei Dutzend von ihnen vor, die meisten sind sehr selten. Der hier vorgestellte Gewimperte Erdstern (Geastrum fimbriatum) gehört zu den wenigen häufigeren Arten. Der Pilz ist zwar nicht giftig, gilt aber als ungenießbar. Nur in Teilen Asiens werden die jungen, noch vollständig geschlossenen Pilze gegessen.
Die Fruchtkörper der Erdsterne entwickeln sich anfangs knapp unter der Erdoberfläche. Erst kurz vor der Reife erscheinen sie auf dem Waldboden. Dann reißt ihre cremefarbene oder blassbraune Außenhülle, die sogenannte Exoperidie, auf und bildet eine sternförmige Struktur, die an eine geöffnete Blüte erinnert. Beim Gewimperten Erdstern krümmen sich die 6 bis 10 schmal-dreieckigen Segmente zusätzlich etwas nach unten ein. Anfangs sind diese „Strahlen“ 2-3 mm dick, in den folgenden Wochen werden sie papierdünn und trocken. Eine innere kugelige Hülle, Endoperidie genannt, sitzt ungestielt in der äußeren. Sie öffnet sich mit einer zentralen Pore, die am Rand gewimpert ist. Durch diese Mündung werden die hellbraunen Pilzsporen ausgestäubt und in der Umgebung verteilt. Das geschieht teilweise schon, sobald bei trockener Witterung ein Windzug über den Pilz streicht.
Ganze-Sporenwölkchen treten aus, wenn die elastische Wand z. B. von einem Regentropfen getroffen wird. Diesen Verbreitungsmechanismus kann man leicht durch Antippen mit der Fingerspitze simulieren. Der Pilz wird vom Spätsommer bis zum Spätherbst in Wäldern gefunden, er wächst einzeln oder in Gruppen. An den Boden stellt er keine besonderen Ansprüche, solange nur eine dünne Schicht Laub- oder Fichtennadelhumus vorhanden ist. Aus solchen organischen Resten bezieht das im Boden lebende Pilzgeflecht seine Nahrung.
Der Gewimperte Erdstern ist auf mehreren Kontinenten verbreitet. In Deutschland kommt er in allen Bundesländern vor, ist im nordwestdeutschen Tiefland aber deutlich seltener als etwa in Baden-Württemberg oder in Bayern. In der aktuellen Roten Liste der Großpilze wird die Art als „ungefährdet“ eingestuft.
Weitere Informationen zur Rote-Liste-Bewertung des Gewimperten Erdsterns – inklusive Bestandssituation, kurz- und langfristiger Bestandstrend sowie Verantwortlichkeit Deutschlands für die weltweite Erhaltung dieser Art – finden Sie über die Suchfunktion unserer Artensuchmaschine.
Die bundesweiten Roten Listen dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten. Damit sind sie ein stets verfügbares Fachgutachten, ein Frühwarnsystem für die Entwicklung der biologischen Vielfalt und eine Argumentationshilfe für umweltrelevante Planungen. Rote Listen zeigen den vordringlichen Handlungsbedarf im Artenschutz auf.
Dämmrich F.; Lotz-Winter, H.; Schmidt, M; Pätzold, W.; Otto, P.; Schmitt, J.A.; Scholler, M.; Schurig, B.; Winterhoff, W.; Gminder, A.; Hardtke, H.J.; Hirsch, G.; Karasch, P.; Lüderitz, M.; Schmidt-Stohn, G.; Siepe, K.; Täglich, U. & Wöldecke, K. (2016): Rote Liste der Großpilze und vorläufige Gesamtartenliste der Ständer- und Schlauchpilze (Basidiomycota und Ascomycota) Deutschlands mit Ausnahme der Flechten und der phytoparasitischen Kleinpilze. – In: Matzke-Hajek, G.; Hofbauer, N. & Ludwig, G. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 8: Pilze (Teil 1) – Großpilze. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (8): 31-433.
Die Rote-Liste-Daten sind als Download verfügbar.