Fast doppelt so groß wie ihre Eltern sind die Kaulquappen der Geburtshelferkröte. Sie betreibt eine ungewöhnliche Brutpflege: Das nur 5 cm große Männchen trägt ein großes "Ei-Paket“ mit sich herum, bis die Larven bereit zum Schlüpfen sind. Die seltene, versteckt lebende Kröte verrät sich durch ihren glockenhellen Ruf, der ihr in manchen Gegenden den Namen „Glockenfrosch“ verleiht. Die Rote Liste der Amphibien Deutschlands verzeichnet sie als „Stark gefährdet“.
Der Name Geburtshelferkröte weist bereits auf das ungewöhnliche Brutpflegeverhalten hin. Früher ging man irrtümlich davon aus, dass die Männchen den Weibchen beim Ablaichen aktiv Hilfe leisten.
In Wirklichkeit übernehmen sie lediglich die Laichschnüre von den Weibchen und tragen sie – um die Fersengelenke gewickelt – mit sich herum. Wenn die Larven beginnen, sich in den Eiern ruckartig zu bewegen, suchen die Männchen ein Gewässer auf, denn dann steht der Schlupf des Nachwuchses unmittelbar bevor. Die weitere Entwicklung der Kaulquappen verläuft wie bei den anderen einheimischen Froschlurchen im Wasser. Erst spät im Jahr abgesetzte Larven überwintern meist, bevor sie ihre Metamorphose im nächsten Jahr abschließen. Sie können ungewöhnlich groß werden und mit Schwanz neun bis maximal elf Zentimeter messen – das ist fast die doppelte Länge ihrer Eltern.
Aufgrund ihrer versteckten Lebensweise und der Paarung an Land sind Geburtshelferkröten (Alytes obstetricans) schwieriger zu Gesicht zu bekommen als ihre amphibische Verwandtschaft. Die Vorkommen lassen sich am besten zwischen Ende April und Ende Juli in den Abendstunden nachweisen, wenn die Männchen regelmäßig rufen. Ihr Ruf erinnert an hohe Flötentöne oder technische Funk-Töne.
Die seltene Geburtshelferkröte besitzt ein südwesteuropäisches Areal und erreicht in Deutschland die Nordostgrenze ihrer Verbreitung. Als Mittelgebirgsart ist sie typischerweise in Höhen zwischen 200 und 1.000 m ü. NN zu finden. Die ursprünglichen Lebensräume der Art wie unverbaute und stark besonnte Fluss- und Bachufer sind infolge von Uferbefestigungen weitestgehend verschwunden.
Heute entstehen vergleichbare Habitate nur noch äußerst selten durch Hangrutschungen. Einen guten Ersatz bieten aber Abgrabungen wie Steinbrüche, Kies-, Ton- und Sandgruben mit hohlraumreichen Rohböden. Dementsprechend eng ist die Geburtshelferkröte heute an solche Lebensräume der Kulturlandschaft gebunden. Die Landhabitate müssen sowohl sonnenexponiert sein, als auch Feuchtigkeit speichernde Böden aufweisen und versteckreiche Strukturen wie Erdhöhlen, Steinhaufen, Bruchsteinmauern, Steinplatten oder Holzstapel bieten. Essentiell ist weiterhin die unmittelbare Nähe von Stillgewässern, da die Tiere nur einen kleinen Aktionsradius besitzen und keine saisonalen Wanderungen unternehmen. Als Reproduktionsgewässer werden z. B. Steinbruchseen, Feuerlöschteiche, Tümpel oder langsam fließende Bäche genutzt.
Ein Beitrag von Dr. Ulrich Schulte
Der Zoologe ist Spezialist für Amphibien und Reptilien und hat die Erstellung der neuen nationalen Roten Listen beider Artengruppen koordiniert. Weitere Informationen im Interview mit Ulrich Schulte sowie auf seiner Website www.schulte-gutachten.net.
Bundesweit gilt die Geburtshelferkröte aktuell als „Stark gefährdet“. Damit hat sich die Gefährdungseinstufung seit der Roten Liste von 2009 um eine Klasse verschlechtert. Sowohl der langfristige als auch der kurzfristige Bestandstrend wurden wegen aktueller Bestandseinbrüche um jeweils eine Kriterienklasse negativer eingestuft als in der Vorgängerliste.
Die bundesweiten Roten Listen dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten. Damit sind sie ein stets verfügbares Fachgutachten, ein Frühwarnsystem für die Entwicklung der biologischen Vielfalt und eine Argumentationshilfe für umweltrelevante Planungen. Rote Listen zeigen den vordringlichen Handlungsbedarf im Artenschutz auf.