Als der Zoologe Oronzo Gabriele Costa die Ameisen-Sichelwanze 1834 aus den Hügeln seiner Heimat Neapel für die Wissenschaft beschrieb, erklärte er den Namen „mirmicoides“ (ameisenähnlich) mit dem Aussehen der Larven. In Deutschland ist die Art besonders in den wärmeren Regionen verbreitet und insgesamt ungefährdet. Außer ihr gibt es bei uns weitere Wanzenarten mit Ameisen-Mimikry. Obwohl sie nicht näher miteinander verwandt sind, können sie sich so stark ähneln, dass sie bei Bestimmungsversuchen leicht einmal in die „falsche Schublade“ geraten können.
Erwachsene Ameisen-Sichelwanzen (Himacerus mirmicoides) sind gut als Vertreter der Wanzen (Heteroptera) zu erkennen, ihr etwa 8 Millimeter langer, matt-brauner Körper ist leicht abgeplattet und verbreitert. Sie überwintern an geschützten Plätzen und die Weibchen legen von April an ihre Eier in Pflanzensprossen ab. Die Larven sind dann vom späten Frühjahr bis in den Juli zu finden, sehen aber völlig anders aus als die „Alten“. Das fand schon O.G. Costa, der Entdecker der Art, und schrieb „Formicae facies nomen probuit“, frei übersetzt: Der Name weist auf das Erscheinungsbild einer Ameise hin.
Tatsächlich sind die Larven glänzend dunkelbraun und ihre drei rundlichen Körperabschnitte Kopf, Brust und Hinterleib sind deutlich voneinander abgesetzt. Im spätesten Larvenstadium ist die Körpermitte zwar breiter, der Eindruck einer ausgeprägten Ameisen-Taille wird dann aber durch zwei helle Flecken an der Basis des Hinterleibs hervorgerufen. Besonders wenn das Tier auf einem hellen Untergrund sitzt, wirkt die dunkle Kontur wie die einer Ameise. Auch die Länge der Fühler und die schlanken Beine entsprechen diesem Bild. Meist klettern die Larven in der Vegetation herum, zuweilen sitzen sie auch auf Blüten. Dort nehmen sie aber keinen Nektar auf, sondern stellen Blattläusen und anderen Insekten nach.
Welche Bedeutung das ameisenartige Aussehen hat, ist bisher ungeklärt. Ob die Tiere von potenziellen Fressfeinden eher gemieden werden oder ob sie mit ihrer „Verkleidung“ ihre Beute leichter überrumpeln können? Um den Unterschied zwischen Wanze und Ameise zu erkennen, muss man das Insekt nur von der Seite betrachten: Die Ameisen-Sichelwanzen besitzen vorn einen langen dünnen Stechrüssel, den sie in Ruhe unter den Kopf einklappen. Ameisen hingegen besitzen zangenartige, beißende Mundwerkzeuge.
In Deutschland sind insgesamt 895 Wanzenarten und -unterarten etabliert, von denen 19 durch den Menschen eingeschleppt wurden (Neobiota). Von den 875 in der Roten Liste bewerteten Arten und Unterarten gelten 3 % als ausgestorben oder verschollen und 31 % als bestandsgefährdet, 5 % sind in die Kategorie „Extrem selten“ eingeordnet und 6 % stehen auf der Vorwarnliste. Als ungefährdet werden 50 % der Taxa eingestuft, und für weitere 5 % ist die Datenlage für eine Einstufung derzeit unzureichend.
Die bundesweiten Roten Listen dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten. Damit sind sie ein stets verfügbares Fachgutachten, ein Frühwarnsystem für die Entwicklung der biologischen Vielfalt. Die Roten Listen Deutschlands werden von Artexperten und Artexpertinnen weitestgehend ehrenamtlich erstellt und vom Bundesamt für Naturschutz herausgegeben.
Die aktuellen Rote-Liste-Daten der Wanzen sind als Download verfügbar.