Sprichwörtlich gute Augen

Unter den einheimischen Säugetieren ist der Luchs nicht zu verwechseln. Mit einem Meter Körperlänge ist er etwa doppelt so groß wie eine Wildkatze. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegenüber Wild- und Hauskatzen sowie hundeartigen Säugetieren ist der nur 20 cm messende Schwanz mit schwarzem Ende. Nur aus der Nähe fallen die pinselartigen Ohrspitzen und die runden Pupillen auf. Die Pfoten des Luchses sind sehr breit und sie besitzen zusätzliche Haarpolster an den Rändern. Im Schnee sinkt er damit wenig ein. Der Luchs ist unsere Art des Monats Januar.

Sehen, aber nicht gesehen werden

Im Winter tragen Luchse ein Fell mit dichter Unterwolle, das auch vor strenger Kälte schützt. Nur die Spitzen von Schwanz und Ohren sind schwarz. Foto: janistra/AdobeStock

Im Winter tragen Luchse ein Fell mit dichter Unterwolle, das auch vor strenger Kälte schützt. Nur die Spitzen von Schwanz und Ohren sind schwarz.

Foto: janistra/AdobeStock

Luchse sind Einzelgänger. Tagsüber ruhen sie gern an regengeschützten Stellen, welche Deckung, aber zugleich gute Sicht auf die Umgebung bieten. Erst in der Dämmerung und nachts gehen sie auf Jagd. Mit ihrem hochentwickelten Gesichtssinn, ihrer guten Nachtsichtigkeit und ihrem feinen Gehör erkennen sie potenzielle Beute auch auf große Entfernung und schleichen sich lautlos an. Das verwaschen graubraune Fell bietet dabei eine gute Tarnung. Unaufmerksame Rehe sind ihre Hauptnahrung, Hasen oder Füchse machen mengenmäßig nur einen geringen Anteil der Beutetiere aus. Stets überwältigen sie diese in einem Überraschungsangriff.


Luchse beanspruchen sehr große Reviere in ausgedehnten, störungsarmen Waldregionen. Zudem müssen die erwachsenen Tiere im Spätwinter die Chance haben, Kontakt mit Geschlechtspartnern in Nachbargebieten aufzunehmen. Für kleinere Teilpopulationen besteht sonst ein hohes Risiko der genetischen Verarmung und Inzucht. Aus den genannten Gründen sind stark befahrene Verkehrsachsen wie Autobahnen buchstäblich ein No-Go für Luchse. Nur breite Wildbrücken können dort den notwendigen Austausch sicherstellen.


Vorsichtiger Optimismus

Luchse brauchen ausgedehnte, reich strukturierte Wälder als Lebensraum. Das Streifgebiet eines einzelnen Tieres kann sich über 200 Quadratkilometer erstrecken. Foto: Miller_Eszter/AdobeStock

Luchse brauchen ausgedehnte, reich strukturierte Wälder als Lebensraum. Das Streifgebiet eines einzelnen Tieres kann sich über 200 Quadratkilometer erstrecken.

Foto: Miller_Eszter/AdobeStock

In Deutschland wurde der Luchs seit dem Spätmittelalter gnadenlos gejagt und war hier spätestens um die Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Wenn in der Folgezeit Einzeltiere auftauchten, handelte es sich um Gäste aus Osteuropa oder um Tiere, die aus Gefangenschaft entwichen waren. In Europa hatten wilde Luchse die Neuzeit überhaupt nur in Skandinavien, in Rumänien und auf dem Balkan überdauern können. Die meisten Luchse, die heute wieder im Harz und in den bayerisch-böhmischen Grenzgebirgen leben, sind Nachkommen von Tieren aus den Karpaten, die seit ca. 1970 bei uns angesiedelt wurden. Die übrigen sind jüngst ausgesetzte Exemplare, denn auch aktuell wird im Rahmen von Naturschutzprojekten versucht, die Art in weiteren Mittelgebirgen wieder heimisch zu machen, beispielsweise im Pfälzerwald, im Schwarzwald und im Thüringer Wald.


Die Sterblichkeit der Tiere in Deutschland ist allerdings hoch. Häufigste Todesursachen sind Unfälle mit Autos und illegale Abschüsse. Bisher konnte der jährlich geborene Nachwuchs die Verluste kaum ausgleichen. Die Rote Liste der Säugetiere Deutschlands führt den Luchs (Lynx lynx) deshalb noch als „vom Aussterben bedroht“. Erst in allerjüngster Zeit zeichnet sich in der Summe ein leichter Aufwärtstrend ab. Wenn sich diese Entwicklung auch ohne die intensiven Stützungsmaßnahmen fortsetzt, dürfte das den genetischen Austausch zwischen den isolierten Teilarealen begünstigen.

(Artikel erstellt am 9.1.2025)

Rote Liste zum Artikel


Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.

Luchs (Lynx lynx)


Rote-Liste-Kategorie: Vom Aussterben bedroht