Das Rötliche Torfmoos ist nicht nur ein Bewohner der europäischen Hochmoore, es ist auch maßgeblich an deren Entstehung beteiligt: Aus abgestorbenen Teilen der Pflanze entsteht unter moortypischen Bedingungen Torf. Dieser wurde früher in großem Stil als Brennmaterial abgebaut und wird heute noch für Gartenbau-Substrate verwendet. 95 % der deutschen Moore gelten als geschädigt und das Rötliche Torfmoos wird in der Roten Liste der Moose als „gefährdet“ aufgeführt.
Auf den ersten Blick sehen sie aus wie kleine Blumen: Die bis zu 1 cm breiten Köpfchen des Rötlichen Torfmooses (Sphagnum rubellum) erinnern, von oben betrachtet, an die Blüten des alpinen Edelweiß. Mehr haben diese beiden Arten aber nicht gemeinsam.
Die namensgebende rote Farbe des Mooses zeigt sich besonders am Ende des Sommers, denn an besonnten Stellen bildet es vermehrt den Farbstoff Sphagnorubin in seinen Zellwänden. Mit kastanienbraunen, purpurroten und gelblich-grünen Tönen kommt er exklusiv beim Rötlichen Torfmoos sowie einigen weiteren Torfmoos-Arten vor und schützt die Pflanzen vor Schäden durch UV-Strahlung.
Durch ihr markantes Aussehen lassen sich Torfmoose leicht von anderen Moos-Gattungen unterscheiden. Das beblätterte Stämmchen der Pflanze mit den zahlreichen Astbüscheln endet in einem kompakten, sternförmigen Köpfchen. Die Vermehrung erfolgt meist vegetativ über Bruchstücke, seltener auch generativ über Sporen.
Da der Grundaufbau aller Torfmoose ähnlich ist, kommen auch Expertinnen und Experten für die exakte Artbestimmung nicht um die Verwendung eines Mikroskops herum, denn manche Unterscheidungsmerkmale lassen sich nur auf zellulärer Ebene feststellen.
Hochmoore entstehen oberhalb des Grundwassereinflusses und sind nur durch Regenwasser gespeist. Abgestorbene Pflanzenteile werden aufgrund der sauerstoffarmen Bedingungen nicht abgebaut. Es kommt zur Torfbildung, indem sich über Jahrzehnte immer mehr Material ansammelt. So wächst ein intaktes Moor im Schnitt um 1 mm pro Jahr.
Das Rötliche Torfmoos ist an saure, nährstoffarme Standorte angepasst und bildet ausgedehnte Matten und Bulte; oft ist es mit anderen Torfmoos-Arten vergesellschaftet. Es ist schwerpunktmäßig in Regionen mit Hochmooren und sauren Übergangsmooren zu finden und als Spezialist genau an die Wachstumsbedingungen seines Standortes angepasst. Somit ist es – zumindest außerhalb der Moorregionen – bereits von Natur aus selten. Seine Verbreitungsschwerpunkte liegen in den südlichen Regionen Bayerns im (Vor-)Alpenland sowie in Teilen des Norddeutschen Tieflandes.
Durch die Entwässerung von Mooren und den Abbau von Torf sind diese Lebensräume deutlich zurückgegangen und häufig in einem schlechten Zustand.
Zum Glück hat mittlerweile vielerorts ein Umdenken eingesetzt. Moore werden wiedervernässt und renaturiert, durch gleichmäßig hohe Wasserstände im Moorkörper lässt sich das natürliche Gleichgewicht der Hochmoore zumindest teilweise langfristig wiederherstellen. Hierdurch wird nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Arten- und Biotopschutz geleistet; intakte Moore tragen als CO2-Senke auch zum Klimaschutz bei. Auch bei den für die Zukunft verstärkt prognostizierten Trockenperioden und wiederkehrenden Starkregen-Ereignissen können Moore den Landschaftswasserhaushalt positiv beeinflussen, indem sie ausgleichend und regulierend wirken.
Die Wiederherstellung bereits degradierter Moore ist ein langwieriges Unterfangen, weil es sich um komplexe Lebensräume mit fein abgestimmten Prozessen und sehr langen Entwicklungszeiten handelt. Doch aufgrund ihres hohen Wertes für den Klima- und Artenschutz ist es eine lohnenswerte Investition in die Zukunft dieser einzigartigen Habitate.
Auf der Roten Liste der Moose Deutschlands gilt das Rötliche Torfmoos (Sphagnum rubellum) als „gefährdet“, sein langfristiger Bestandstrend weist einen starken Rückgang der Art auf (siehe auch Rote-Liste-Steckbrief). Somit ist seine Situation ähnlich bedenklich wie die der meisten Torfmoose.
Die bundesweiten Roten Listen dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten. Damit sind sie ein stets verfügbares Fachgutachten, ein Frühwarnsystem für die Entwicklung der biologischen Vielfalt und eine Argumentationshilfe für umweltrelevante Planungen. Rote Listen zeigen den vordringlichen Handlungsbedarf im Artenschutz auf.
Ein Beitrag von Marie Hild
Die Umweltplanerin ist fasziniert von der Welt der Moose und liebt es, die großen Unterschiede dieser kleinen Gewächse zu entdecken. Sie ist im amtlichen Naturschutz in Bayern tätig.
(Stand 7. Mai 2018)
Caspari, S.; Dürhammer, O.; Sauer, M. & Schmidt, C. (2018): Rote Liste und Gesamtartenliste der Moose (Anthocerotophyta, Marchantiophyta und Bryophyta) Deutschlands. – In: Metzing, D.; Hofbauer, N.; Ludwig, G. & Matzke-Hajek, G. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 7: Pflanzen. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (7): 361–489.
Die aktuellen Rote-Liste-Daten sind auch als Download verfügbar.
Im Datenportal „Moose Deutschlands“ stehen Beobachtungsdaten, Kartier-/Artenlisten und Verbreitungskarten zur Verfügung. Mooskundige können dort eigene Beobachtungen eingeben.