Ziemlich beste Freundinnen: Mütter und Töchter der Vierbindigen Furchenbiene

Die Weibchen der Vierbindigen Furchenbiene werden bis zu 16 Millimeter lang. Damit sind sie sogar größer als die Arbeiterinnen der Honigbiene. Während die Weibchen der meisten einheimischen Wildbienen sterben, bevor ihre Nachkommen erwachsen sind, sind Furchenbienen recht langlebig und man kann sie während des gesamten Sommerhalbjahres beobachten. Da die jungen Töchter zudem noch über Wochen immer wieder ins mütterliche Nest zurückkehren können, gibt es bei dieser Art nicht selten regelrechte „Mutter-Töchter-WGs“. Die Vierbindige Furchenbiene gilt laut Rote Liste als gefährdet.

Der Lebensraum: Mageres, blütenreiches Offenland

Die jungen Weibchen der Vierbindigen Furchenbiene (Halictus quadricinctus) überwintern und verlassen ab Anfang April ihre Erdnester. Beim Blütenbesuch zeigen sie eine Vorliebe für Löwenzahn, Greiskräuter, Habichtskräuter, Ferkelkraut, Disteln und Flockenblumen. Sie sind aber keineswegs auf Korbblütengewächse spezialisiert, sondern gelten als polylektisch: Zu den weiteren gern genutzten Pollenquellen aus rund zehn Pflanzenfamilien zählen zum Beispiel Natternkopf, Acker-Witwenblume und Klatschmohn. Den Pollen tragen die Weibchen in den Haarbürsten der Hinterbeine in ihre Nester, Nektar wird im Kropf transportiert.

Vierbindige Furchenbiene beim Blütenbesuch: Die Längsfurche an der Hinterleibsspitze ist typisch für alle Vertreter dieser Gattung. Foto: Dr. Hannes Petrischak

Vierbindige Furchenbiene beim Blütenbesuch: Die Längsfurche an der Hinterleibsspitze ist typisch für alle Vertreter dieser Gattung.

Foto: Dr. Hannes Petrischak

Bevorzugte Lebensräume sind magere Wiesen, Sand- und Lehmgruben, Weg- und Ackerränder sowie Brachen. Da solche Strukturen in intensiv genutzten Landschaften seltener werden, ist auch die Vierbindige Furchenbiene in ihrem Bestand bedroht. In der Roten Liste der Bienen Deutschlands wird die Art in der Kategorie „Gefährdet“ geführt. In manchen Regionen findet sie aber noch günstige Lebensbedingungen, in Teilen Brandenburgs etwa scheint sie aktuell sogar häufiger zu werden, was auch mit der Klimaerwärmung zusammenhängen dürfte.

Das Nest: Ein Waben-Kunstwerk im lehmigen Boden

Jedes Furchenbienen-Weibchen baut seinen eigenen Nistgang rund zehn Zentimeter tief in den Boden, und zwar an Böschungen, Lösswänden, Abbruchkanten von Wegen, aber auch auf festgetretenen Wegen oder sogar auf lückig bewachsenen, lehmig-sandigen Äckern. Manchmal liegen die Nester zahlreicher Weibchen dicht nebeneinander. Jeder Nistgang führt zu einer aus Lehm oder Sand geformten Wabe aus bis zu 20 Brutzellen. Diese Wabe ist von einem Hohlraum umgeben und nur mit wenigen Stützpfeilern verankert. Die Brutzellen werden mit einem Gemisch aus Pollen und Nektar gefüllt und jeweils mit einem Ei belegt. Die Bienenlarven wachsen hier schnell heran.

Ungeduldiger Lover: Das junge Furchenbienen-Männchen wartet am Nesteingang auf ein frisch geschlüpftes Weibchen. Entdeckt in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide. Foto: Dr. Hannes Petrischak

Ungeduldiger Lover: Das junge Furchenbienen-Männchen wartet am Nesteingang auf ein frisch geschlüpftes Weibchen. Entdeckt in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide.

Foto: Dr. Hannes Petrischak

Etwa Mitte Juli schlüpft die nächste Bienengeneration, wobei die jungen Männchen meist mit leichtem Vorsprung erscheinen. Sie schwärmen nun dicht über den Nistplätzen und erwarten die jungen Weibchen, um sich sofort mit ihnen zu paaren. Männchen sind gut an den langen, gebogenen, unterseits bewimperten Fühlern und dem schlankeren Körper zu erkennen. Noch einige Wochen lang können die Jungbienen mit ihren Müttern gemeinsam im Nest leben. Doch nur die Weibchen der neuen Generation überstehen Herbst und Winter und graben im nächsten Jahr eigene Nester.

Nicht immer entwickeln sich in den Brutkammern Furchenbienen. Regelmäßig dringen Buckel-Blutbienen (Sphecodes gibbus) in die Nester ein und platzieren ihr Ei – wohl nach Beseitigung des Furchenbienen-Eis – innerhalb einer verproviantierten Zelle. Ihre rot-schwarze Färbung ist sehr auffällig, es gibt allerdings mehrere extrem ähnliche Arten von Blutbienen, die auf verschiedene Wirtsbienen spezialisiert sind.

Bestimmungsmerkmal: Mittig unterbrochene Binden

Bei dieser grabenden Vierbindigen Furchenbiene sind die in der Mitte unterbrochenen weißen Binden auf dem Hinterleib gut zu erkennen. Foto: Dr. Hannes Petrischak

Bei dieser grabenden Vierbindigen Furchenbiene sind die in der Mitte unterbrochenen weißen Binden auf dem Hinterleib gut zu erkennen.

Foto: Dr. Hannes Petrischak

Die Bestimmung vieler Wildbienenarten im Freiland ist schwierig, denn es gibt hunderte von Arten, die sich teilweise stark ähneln. Bei der Vierbindigen Furchenbiene ziehen sich über den Hinterleib vier breite, weiße Querbinden, die sich zur Mitte hin verschmälern und dort oft sogar unterbrochen sind.Doch Vorsicht – die Art hat mehrere Doppelgänger: Dazu gehört beispielsweise die Sechsbindige Furchenbiene (Halictus sexcinctus), deren Hinterleibsbinden sich in der Mitte nicht verengen. Ihr Name rührt daher, dass bei den langgestreckten Männchen sogar sechs Binden erkennbar sind. Bei der Gelbbindigen Furchenbiene (Halictus scabiosae), die eine soziale Lebensweise zeigt, wirkt der Hinterleib noch bunter: Jedes Segment trägt am Vorderrand eine graue und am Hinterrand eine bräunlichgelbe Binde, dazwischen sind die Segmente dunkelbraun. Allerdings sind diese Farbkontraste nur bei relativ frischen Exemplaren klar erkennbar. Wenn die Haare verblasst oder abgerieben sind, wird die Bestimmung der drei Arten sehr viel schwieriger. Allen Furchenbienen gemeinsam ist die namensgebende Längsfurche auf der Oberseite des Hinterleibsendes.

Ein Beitrag von Dr. Hannes Petrischak
Der Autor ist Zoologe und leitet den Geschäftsbereich Naturschutz der Heinz Sielmann Stiftung (www.sielmann-stiftung.de). Kürzlich erschien von ihm der Kosmos-Naturführer „Welche Wildbiene ist das?“ mit 100 Arten-Portraits.

Furchenbienen kann man gut in Sand- und Lehmgruben oder an Weg- und Ackerrändern beobachten. Bevorzugte Lebensräume sind auch magere Wiesen oder Brachen. Foto: Dr. Hannes Petrischak

Furchenbienen kann man gut in Sand- und Lehmgruben oder an Weg- und Ackerrändern beobachten. Bevorzugte Lebensräume sind auch magere Wiesen oder Brachen.

Foto: Dr. Hannes Petrischak

Rote-Liste-Bewertung

Weitere Informationen und Rote-Liste-Angaben zur Vierbindigen Furchenbiene (Halictus quadricinctus) – inklusive Bestandssituation, kurz- und langfristiger Bestandstrend – enthält der Steckbrief der Rote-Liste-Artensuchmaschine.  

Die bundesweiten Roten Listen dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten. Damit sind sie ein stets verfügbares Fachgutachten, ein Frühwarnsystem für die Entwicklung der biologischen Vielfalt und eine Argumentationshilfe für umweltrelevante Planungen. Rote Listen zeigen den vordringlichen Handlungsbedarf im Artenschutz auf. Die Roten Listen Deutschlands werden von Artexperten und Artexpertinnen weitestgehend ehrenamtlich erstellt. Das Rote-Liste-Zentrum ist vom Bundesamt für Naturschutz mit der Gesamtkoordination der Roten Listen und der fachlichen Begleitung betraut.

Rote Liste/Quellen zum Artikel

Literatur

Petrischak, H. (2021): Welche Wildbiene ist das? Kosmos-Naturführer, Franckh-Kosmos, Stuttgart, 144 S.

Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands. 2. Aufl., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 824 S.

Rote Liste

Westrich, P.; Frommer, U.; Mandery, K.; Riemann, H.; Ruhnke, H.; Saure, C. & Voith, J. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Bienen (Hymenoptera: Apidae) Deutschlands. – In: Binot-Hafke, M., Balzer, S., Becker, N., Gruttke, H., Haupt, H., Hofbauer, N., Ludwig, G., Matzke-Hajek, G. & Strauch, M. (Bearb.): Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Bonn (Bundesamt für Naturschutz). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 373–416.

Die Rote-Liste-Daten der Bienen stehen zum Download zur Verfügung.

Vierbindige Furchenbiene

(Halictus quadricinctus)

Rote-Liste-Kategorie: Gefährdet